Bahn !
Die Bürgerinitiative Stadtautobahn gründet Arbeitsgruppe Bahnlärm !
Natürlich ist die Eisenbahn laut. Und Güterzüge mit ihrem hohem Gewicht und altertümlichen Fahrwerken sind mehr
als doppelt so laut wie Personenzüge. Nur tritt Bahnlärm in relativ großen Zeitintervallen auf, während das
charakteristische stetige Marburger Grundrauschen von der Stadtautobahn erzeugt wird. Je nach Wohn- und
Windrichtung stört manche die Bahn sogar mehr – der Lärmschutz ist in jedem Fall eine große technische wie
politische Herausforderung.
Für die Marburger Höhenlagen erscheinen Lärmschutzwände unzureichend, so dass wir als Bürgerinitiative die
Lärmreduzierung an der Quelle durch Temporeduktion und für die Zukunft eine städtebaulich verwertbare Einhausung
von Straße und Bahn für maximalen Lärmschutz vorgestellt haben. Als Grundlage jeglicher technischer Maßnahmen
sehen wir aber zuvorderst eine Überarbeitung der grundlegenden Lärmschutzrichtlinien – auch für Bahnlärm – als
überfällig an. Die Situation in Marburg belegt deren Untauglichkeit.
Für die behördliche Evaluierung einer Lärmbelästigung ist nicht nur die absolute Lautstärke, sondern vor allem auch
die Dauer und Anzahl der einzelnen Schallereignisse relevant. Sie wird berechnet und nicht gemessen und was viele
nicht wissen: die Bahn bekommt den sogenannten Schienenbonus* vom errechneten Wert abgezogen (das Gehör leider
nicht).
Eine gleichzeitige Belastung durch mehrere Lärmquellen, z.B. Straße und Schiene, ist nach den behördlichen
Erfassungsmethoden gar nicht existent (auch hier verhält sich unser Gehör außerhalb jeglicher Gesetzesvorschrift)
So ist man fast verwundert, in einer Drucksache des Bundestages tatsächlich Summen zu finden, und zwar nicht in
Dezibel, sondern in Euro: Der volkswirtschaftliche Schaden für Straßenverkehrslärm wurde 2010 von der
Bundesregierung mit mindestens 9 Mrd.Euro pro Jahr angegeben. Die Schadensschätzung für Schienenlärm* beläuft
sich auf 0,8 Mrd .
Ja, es gibt ihn also: den Schaden durch Lärm !
Und so gilt es nach wie vor, die städtebauliche Relevanz von lärmenden Verkehrswegen in Marburg zu betrachten –
auch der Schiene. Natürlich schimpft es sich leichter über die Bahn, als sich an die eigene Autofahrernase zu fassen.
Wer aber die Bahn auf Lärm, Verspätungen und kaputte Klimaanlagen reduziert, verkennt, daß sie nach wie vor ein
bewährtes und hocheffizientes Transportmittel ist, welches auch den Straßenverkehr reduzieren kann.
Für uns ein doppelter Grund sich mit der Bahn zu beschäftigen: als Teil des Problems und als Teil der Lösung.
Lärmkartierung des Eisenbahnbundesamtes für Marburg
Erst ab einem Verkehrsaufkommen von mehr als 60 000 Zügen pro Jahr muß überhaupt eine Lärmkartierung
vorgenommen werden. Dies ist aufgrund der Verbindungsstruktur nur nördlich des Hauptbahnhofs der Fall.
Aus dem Vorentwurf der Stadt Marburg für den Bebauungsplan Nr.6/12 „Bahnflächen“ an der „Alten Kassler
Straße“ konnten weitere Informationen entnommen werden.
Für das Jahr 2015 werden 198 Zugbewegungen für beide Richtungen am Tag und etwa 70 in der Nacht prognostiziert.
Davon sind tags und nachts je 50 Güterverkehrsfahrten. Die maximale Geschwindigkeit beträgt 130 km/h.
Die Fahrbahnart „Schotterbett mit Betonschwellen“ wird mit 2 dB bezuschlagt, so dass in 25m Entfernung gemittelte
Pegel von 74,7 dB(A) tags / 76,2 dB(A) nachts zu erwarten sind. Wenn man den sog. Schienenbonus* nicht mit
einbezieht, erreicht man dort durchaus Werte, die das Tragen eines Gehörschutzes empfehlen.
Alles in allem werden die Orientierungswerte – von 55 dB(A) tags und 45 db(A) nachts – auch in größerer
Entfernung noch deutlich überschritten. Maßnahmen zum Schallschutz sind erforderlich.
(Schienbonus=minus 5dB)
>> zur Lärmkartierung im Eisenbahnbundesamt
http://laermkartierung.eisenbahn-bundesamt.de/