Was lange währt, wird lange noch nicht gut
Verwirrspiel der Politik um Flüsterasphalt - Beschwichtigungstaktik statt Beruhigungskonzept ?
Neue Straßendecke zur Lärmreduktion technisch halbherzig und nur für Teile der Stadtautobahn vorgesehen
Nach drei Schreiben und nunmehr drei Monaten wurde die einfache Frage nach Art und Umfang der in der
Presse angekündigten Straßenerneuerungsarbeiten auf der B3 im Stadtgebiet Marburg beantwortet.
Unumstritten ist, den Lärmschutz an der Quelle zu forcieren und erst in zweiter Linie weitere
Abschirmungen in Betracht zu ziehen. Der passive Schallschutz - also das Einkapseln von
Emissionsbelasteten ohne flächige Wirkung - ist eine dritte und letzte Möglichkeit.
Für die Stadtautobahn ist neben der schallreflektierenden Straßenrandbebauung, der Geschwindigkeit, auch
die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche eine wichtige Stellschraube, um den Lärm schon an der Quelle
zu minimieren.
Der Präsident von "Hessen mobil" Burkhard Vieth bestätigt folgende bauliche Maßnahme:
zwischen Marburg-Mitte und der Hochstraße soll 2013 ein lärmoptimierter Straßenbelag eingebaut werden.
Auch die Stadtspitze hatte große Hoffnungen auf diese Form des Straßenbelags gesetzt, der den Lärm, der
von der Stadtautobahn ausgeht, reduzieren soll. Es handelt sich jedoch nicht um Flüsterasphalt, sondern
um ein SMA-LA genanntes Produkt (Splittmastix-Lärmarm). Die Lärmminderung soll 4 dB betragen, andere
Quellen berichten von anerkannten 2dB.
Dem aufmerksamen Autofahrer wird nicht entgangen sein, dass besagter Straßenabschnitt vor allem in
Nordrichtung deutlich lauter ist, als die übrige Stadtautobahn.
Auch die akustischen Auswirkungen der Belagswahl, altersbedingter Verschleißerscheinungen wie
Spurrinnen, Rauigkeit, Risse, Flickstellen, Stoßfugen bei Brücken erfordern die Erneuerung des
Fahrbahnbelags einer derartigen Straße mitten durch die Marburger Wohngebiete zu Recht.
Nach den vorliegenden Ausführungen zu urteilen, scheinen in betreffenden Sanierungsabschnitt die
Auslösewerte für Lärmschutzmaßnahmen nun auch nach Auffassung der Behörden überschritten zu sein.
Zur Renovierung vorgesehen ist allein der Bereich von der Hochbrücke vor dem Bahnhof bis zur Ausfahrt
Marburg Mitte. „Für die übrigen Bereiche werden bei der nächsten turnusmäßigen Deckenerneuerung die
Voraussetzungen für den Einbau eines lärmoptimierten Deckenbelags (u.a. Überschreitung der
maßgeblichen Auslösewerte für die Lärmsanierung und Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf Kosten und
Wirtschaftlichkeit) überprüft,“ schreibt Hessen Mobil.
Dies, befürchtet die BI, wird noch lange auf sich warten lassen und die Stadt und die Anwohner mit ihren
Lärmproblemen auf unbestimmte Zeit alleine lassen.
Diese fortgesetzte Flickschusterei verhindert geradezu strategisch ein schlüssiges Gesamtkonzept.
Bei derart halbherzigen Maßnahmen geht es vorrangig nicht um Beruhigung des Lärms, sondern
um Beschwichtigung der Lärmopfer.
Auch in Hinblick auf das Stadtbild und die betroffenen Hanglagen kommt man an kombinierten
flächeneffektiven Maßnahmen wie Geschwindigkeitsreduktion und Flüsterasphalt nicht vorbei.
im Übrigen:
Alle neu gebauten italienischen Autobahnen werden seit 2003 mit offenporigen Asphalten
versehen. Dänemark, Österreich, die Schweiz, und andere europäische Länder, vor allem die
Niederlande, setzen offenporigen Asphalt seit Jahren in großem Umfang ein. (Wikipedia)
Wellenformdarstellung des Belags - der Sanierungsabschnitt ist markiert:
Informationsstand und Plakataktion
der Bürgerinitiative Stadtautobahn
Termin: Samstag, 27.04.2013, 10:00 Uhr
Dieses Mal haben wir unseren Infostand in der Uferstraße (Uferkirche) einem schom im
Lärmaktionsplan 2007 ausgewiesenen Lärmschwerpunkt. In diesem Gebiet sind neben der
Wohnbebauung auch zwei Schulen und ein Teil der Uni von Lärm und Abgasen hochbelastet.
... und so langsam bewegt sich was: die Stadtautobahn wird als LKW-mautpflichtige
Bundesstraße eingestuft; die Stadt Marburg investiert in Geschwindigkeitskontrollen; im
Zuge von Erneuerungsarbeiten wird lärmmindernder Asphalt aufgetragen.
International Noise Awareness Day
in Deutschland organisiert durch den Arbeitskreis
Tag gegen Lärm der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V.
Informationsstand der Bürgerinitiative Stadtautobahn
- Vereinsmesse Marburg -
Termin: Samstag, 13.04.2013, 10:00 Uhr
Ort: 35037 Marburg - Stadthalle
!!! Am 22.Mai 2013 wird die Technische Hochschule Mittelhessen zum zweiten Mal
Ergebnisse umfassender Studienarbeiten vorstellen. Eine erweiterte Bestandsanalyse
und städtebauliche Perspektiven einer Einhausung werden vorgestellt. !!!
22.Mai 2013
Stadtverordneten Sitzungssaal
Marburg, Barfüßer Straße um 18:00 Uhr
Tour de Natur und Podiumsdiskussion
Termin: Samstag, 10. August 2013
Tour de Natur
2013 geht die "Tour de Natur" auf dem Fahrrad
von Stuttgart nach Marburg
www.tourdenatur.net
>>14:00 Uhr
Treffen der Marburger Teilnehmer
Parkplatz Landratsamt Marburg
>>15:45 Uhr
Empfang auf dem Marktplatz
durch Oberbürgermeister Egon Vaupel
Podiumsdiskussion zur B3a
mit den Landtagskandidaten:
Rosemarie Lecher CDU, Dr. Thomas Spies SPD,
Angela Dorn B90/GRÜNE, Christoph Ditschler FDP, Jan
Schalauske DIE LINKE und Dr. Michael Weber PIRATEN
Samstag, 10. August 2013, 16:30 Uhr
Stadtverordnetensitzungssaal
Barfüßerstraße 50
Absolute Mehrheit für Tempolimit 80/60
Befragung der Marburger Landtagskandidaten zur Zukunft der Stadtautobahn
Sechs Marburger Landtagskandidaten stellten sich am Samstagnachmittag den Fragen der Bürgerinitiative Stadtautobahn zur Zukunft
der B3a im Stadtgebiet Marburg. Das Ergebnis: Mit Ausnahme der CDU-Kandidatin Rosemarie Lecher befürworten alle die Umsetzung
einer sofortigen Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h für PKW und 60 km/h für LKW. Auch der Einsatz von Flüsterasphalt findet
breite Zustimmung, ebenso wie langfristig die Untertunnelung oder Einhausung.
Drei Fragenblöcke hatte die Bürgerinitiative den Kandidatinnen und Kandidaten vorgelegt. Ein sofortiges Tempolimit auf 80 / 60 wurde
von Angela Dorn (Bündnis 90/Die Grünen), Jan Schalauske (Die Linke), Dr. Michael Weber (Piraten) und Thomas Spies (SPD) begrüßt.
Christoph Ditschler von der FDP befürwortete ebenfalls eine Geschwindigkeitsreduktion, allerdings zunächst nur für ein Jahr zur Probe.
Damit weicht er von der Position seiner Partei ab, die in der Vergangenheit eine Geschwindigkeitsbegrenzung immer ausgeschlossen
hatte. Lediglich Rosemarie Lecher von der CDU lehnte eine Geschwindigkeitsbegrenzung ab: Nach ihrer Auffassung würde eine
Tempobeschränkung für LKW auf 60 km/h die Geräuschemissionen erhöhen.
Auch in Bezug auf die mittelfristige Planung gab es große Übereinstimmung. Notwendig sei die Aufbringung von Flüsterasphalt im
ganzen Stadtgebiet und – wo möglich – von Lärmschutzwänden. Offen blieb bei diesem Diskussionspunkt die Frage, warum bei den
gegenwärtigen Baumaßnahmen auf der B3a zwischen Kurt-Schumacher Brücke und Hauptbahnhof kein echter Flüsterasphalt
aufgebracht wird, sondern nur weniger effektiver lärmreduzierender Asphalt.
Als langfristiges Ziel fand auch der von verschiedenen Seiten wiederholt vorgetragene Vorschlag einer Untertunnelung oder Einhausung
der Stadtautobahn im Stadtgebiet eine breite Unterstützung. Gerhard Haberle von der Lokalen Agenda 21 wies wegen der zu erwartenden
hohen Kosten darauf hin, dass auch bei einem solch langfristigen Projekt bereits jetzt erste Schritte unternommen werden müssen, wie
mit der Umsetzung von Machbarkeitsstudien und Anträgen zur Aufnahme in entsprechende Fördertöpfe.
Zuhörerinnen und Zuhörer der Veranstaltung äußerten sich zum Teil unzufrieden mit den Ausführungen der Politiker. Insbesondere den
Regierungsparteien wurde vorgeworfen, warum nicht bereits mehr geschehen sei, um die negativen Auswirkungen der B3a auf die Stadt
zu vermindern. Dr. Ulrich Wagner, einer der Vertreter der Bürgerinitiative, nahm dies zum Anlass deutlich zu machen, dass die
Bürgerinitiative gerade jetzt die Kandidatenbefragung durchgeführt habe, damit Wählerinnen und Wähler auch die Positionen der
Parteien zur B3a ihrer Wahlentscheidung zugrunde legen könnten.
Presseerklärung der Bürgerinitiative Stadtautobahn zur Podiumsdiskussion im August 2013
Thema der Woche | 25. April 2013
Lärm lass nach
Bürgerinitiative Stadtautobahn B3a Marburg zur Kontroverse Stadtautobahn
Express: Zu Beginn der 1970er Jahre wurde die B3a als "Bauwerk von hohem Rang" gefeiert,
heutzutage würde sie keine Genehmigung bekommen. War der Bau eine grundsätzliche Fehlentscheidung?
Ja, allerorten werden Ortsumgehungen für durch Fernverkehr betroffene Ortschaften gefordert und nach Möglichkeit
auch gebaut. Die kurzsichtigen Planungen der Vergangenheit verursachen heute immense Kosten. Gutachter sprachen sich schon damals
für eine Untertunnelung aus. Die tatsächlichen Baukosten für die Hochstraße waren letztendlich höher als die veranschlagten Kosten
eines Tunnels. Die Idee einer innerstädtischen Verteilerschiene auf Bundeskosten hat einen entscheidenden Schönheitsfehler:
es fehlt das Tempolimit einer Ortsdurchfahrt.
Express: Gibt es überhaupt eine umweltfreundliche Alternative zur Stadtautobahn?
Die Stadtautobahn hat viel Durchgangsverkehr nach Marburg gebracht und somit das Verkehrsaufkommen erhöht.
Da sie nun einmal da ist, erscheint es sinnvoll, die vorhandene Strecke weiterhin nutzbar zu halten, aber eben in einer Form,
die einem das Leben in Marburg nicht zur Hölle macht.
Daher ist ein weiterer Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln und umweltfreundlicher Mobilität sowohl innerstädtisch als auch zum
Umland unverzichtbar. Eine Versorgungs- und Beschäftigungsstruktur der kurzen Wege ist immer dezentral.
Das gilt natürlich auch für bundesweite Belange.
Express: Gibt es vergleichbare städtebauliche Situationen? Wie wird anderswo mit der Problematik umgegangen?
Es gibt zahlreiche Städte, in denen Fernverbindungen mitten durch Wohngebiete gebaut wurden.
Hochstraßen existieren noch einige, bei manchen ist der Abbau in Vorbereitung oder bereits vollendet. Details dazu wurden in
Veranstaltungen der Bürgerinitiative Stadtautobahn vorgestellt.
Mit einem Stadtentwicklungsplan, in dem ein Tunnel zur Schaffung von neuem innerstädtischem Raum als zentrales städtebauliches
Element steht, wäre es möglich, Fördergelder von Land, Bund und EU zu erhalten. Saarbrücken zeigt mit dem Projekt "Stadtmitte am
Fluss", dass so etwas möglich ist. Angesichts des Wohnraummangels in Marburg ist jetzt die Zeit reif, solch ein Projekt anzugehen.
Marburg kann es sich nicht weiter leisten, den besten Teil seiner Fläche zu vergeuden.
Express: Welche kurz- und mittelfristigen Konzepte zur Minderung der derzeitigen Lärmbelästigung sind denkbar?
Und wie sind die Verantwortlichkeiten geregelt?
Lärmschutz an der Quelle, wie Temporeduktion und echter Flüsterasphalt, hilft dem gesamten Stadtgebiet und ist daher auch
kostenseitig die erste Wahl. Ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Begrenzung auf 80/60 km/h für PKW/LKW besteht seit
1998, jedoch wurde in der Folge der Stadt die Zuständigkeit für die B3 entzogen. Nach dem RP in Gießen liegt diese nun alleine in
Wiesbaden. Lärmschutzwände bedürfen in Bezug auf das Reflexionsverhalten und das Stadtbild genauer Untersuchung.
Express: Marburg und die Philipps-Universität wollen auf die Welterbeliste der UNESCO.
Hat die BI auch eine Vision fürs Jahr 2025?
Ja – die Bürgerinitiative möchte eine Vision als Handlungsdirektive für Marburg entwickeln:
als Modell lebensfreundlicher, ökologischer und nachhaltiger städtischer Lebens- und Verkehrsformen. Dazu gehört vor allem,
dass der städtische Raum für alle Bürgerinnen und Bürger als ein Ort mit guter Lebens-, Aufenthalts-, aber auch Mobilitätsqualität,
insbesondere für ältere Menschen, für Kinder und für Behinderte zurückgewonnen wird. Erst mit dieser kulturellen Leistung hätte Marburg
einen Platz auf der Welterbeliste verdient – schön sein alleine reicht nicht!
So hätten wir nichts dagegen, wenn im Jahr 2025 die B3a von Gisselberg bis Cölbe unter der Erde verläuft
und über ihr neues, hochwertiges Bauland entstanden ist, das in Form attraktiver Wohngebiete genutzt wird.
Auch die Lahnauen werden dann endlich das sein, was sie sein könnten.
Das gesamte Interview finden Sie im Marburger Magazin Express - http://www.marbuch-verlag.de/archiv.asp?jahr=2013&woche=17&type=100